Nachhilfe Teil 2

denn wie könnte es sonst sein, daß in der Eppsteiner Zeitung vom 27.03. vom CDU-Ortsverbandvorsitzenden von Bremthal behauptet wurde, der Beitrag der Grünen würde suggerieren, „in der DDR habe es freie Wahlen gegeben, es habe Parteienfreiheit, Pressefreiheit, Meinungsfreiheit, es habe eine Demokratie gegeben“. All dies steht gerade nicht in dem Grünen-Beitrag.

Der Vertreter der CDU hat durchaus Recht, wenn er behauptet, „Die DDR war eine Diktatur“. Nur war sie dies mit der Unterstützung der Blockparteien, auch der CDU (Ost). Von Wahlen zur Volkskammer war in unserem Artikel gar nicht die Rede, wohl aber von Abstimmungen der Volkskammer.
Es wäre auch falsch zu glauben, in der Volkskammer hätte es nur einstimmige Beschlüsse geben können. Nur hat die CDU (Ost) lange Zeit die Beschlüsse der Volkskammer mitgetragen und durch entsprechendes Abstimmungsverhalten zu einstimmigen Ergebnissen beigetragen, unter anderem, als es darum ging, grünes Licht für den Mauerbau zu geben, als der Strafrahmen für die sogenannte Republikflucht verschärft wurde und als der Wiedervereinigungsauftrag aus der Verfassung gestrichen wurde. Das alles war der CDU (Ost) offenbar keine Gegenstimme wert.
Nur als es um das neue Gesetz zur Schwangerschaftsunterbrechung ging, war die Abstimmung in der Volkskammer am 09.03.1972 nicht einstimmig. Einige CDU-Abgeordnete stimmten gegen das Gesetz. Insgesamt gab es 14 Neinstimmen und 8 Enthaltungen. Das zeigt, Opposition war möglich!
Man konnte in der DDR eine Vielzahl von Verhaltensweisen einnehmen. Unter anderem konnte man einen Ausreiseantrag stellen, eine Zeit seines Lebens im Gefängnis verbringen, wegen Handlungen, die im Westen zu den freien Bürgerrechten gehörten, man konnte bei einem Fluchtversuch sein Leben riskieren, und oft genug auch verlieren, oder man konnte in der Volkskammer als Abgordneter einer der Blockparteien das SED-Regime unterstützen.
Der CDU-Ortsverbandvorsitzende von Bremthal bat in der Eppsteiner Zeitung darum, daß keine weitere Nachhilfe in deutscher Geschichte erteilt werden möge. Nun könnte man diesen Wunsch ja einfach respektieren. Aber da die CDU diese Diskussion in Gang gebracht hat, wäre es vor allen Dingen gegenüber den jüngeren Lesern der Eppsteiner Zeitung unverantwortlich, die einseitigen Darstellungen der CDU unkommentiert zu lassen. Niemand wird ernsthaft das duch die SED begangene Unrecht relativieren wollen. Aber es wäre auch falsch, den anderen Blockparteien einen Persilschein auszustellen. Aus der Geschichte lernen kann man nur, wenn man sie vollständig zur Kenntnis nimmt, und das gilt auch, und vor Allem, für die CDU.
Zum Abschluß sei noch einmal der Fraktionsvoristzende der CDU zitiert: „Wer kein Geschichtsbewußtsein hat, dem geht der Blick für die Realitäten verloren.“
Wolfgang Schlüter

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