BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ortsverband Eppstein

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Stadtverordnetenversammlung Eppstein

Haushalt 2025 – Nachbetrachtung zur SVV vom 6. März 2025

Die Stadtverordnetenversammlung hat in der Sitzung vom 6. März mehrheitlich eine Haushaltssatzung beschlossen, von der alle wissen, dass sie (noch) nicht genehmigungsfähig ist. Um einen genehmigungsfähigen Haushalt aufzustellen hätte es rechnerisch einer Erhöhung der Grundsteuer B auf 1450 Punkte bedurft. In unserer Fraktion waren wir uns aber einig, dass zumindest für 2025 eine Erhöhung des Hebesatzes für die Grundsteuer B über einen Wert von 1000 Punkten nicht zumutbar wäre. Andere Fraktionen waren ebenfalls dieser Ansicht, und so sehen wir uns und alle Fraktionen in der Pflicht, die vereinbarte Begrenzung auf 995 Punkte möglich zu machen.

Die unpopuläre Wahrheit hierzu ist aber auch, dass der ursprüngliche Entwurf der Kämmerin ein realistisches Bild der städtischen Finanzen zeichnet und das Defizit angesichts der Entwicklungen in 2024 allenfalls bezüglich seiner Höhe überraschend ist. Die Haushaltslage der Stadt Eppstein ist schon seit einigen Jahren prekär, auch wenn dies im öffentlichen Bewusstsein nicht präsent ist, weil die für die Bürger und Bürgerinnen sichtbaren Dienstleistungen offenbar verlässlich erbracht werden.

Viele der Kostensteigerungen sind zudem von der Stadt nicht direkt beeinflussbar, sondern werden entweder als Umlage oder als Aufgabe von Kreis, Land und Bund an die Stadt weitergereicht. Leider geht damit keine entsprechende Ausstattung mit den dafür notwendigen finanziellen Mitteln einher. Der Einbruch bei der Gewerbesteuer, den die Stadt Eppstein in 2024 zu verzeichnen hatte und der für 2025 keine schnelle Besserung erwarten lässt, verschlimmert diese Situation noch durch einen Rückgang der eigenen Einnahmen.

Zwar war die vorherige schwarz-grüne Landesregierung mit dem sog. Hessenkassen-Gesetz einen ersten richtigen Schritt in Richtung einer besseren Finanzausstattung der Kommunen gegangen, die jetzigen schwarz-roten Nachfolger haben aber allein im Landeshaushalt 2025 400 Millionen Euro der eigentlich vorgesehenen Mittel wieder gestrichen.

Je nach politischer Ausrichtung machen die Akteure unterschiedliche Gründe für die knappen Kassen aus, beklagen zum Teil, dass zu viel Umweltschutz oder zu viel Sozialstaat dafür verantwortlich sei. Diese durch Wiederholung nicht wahrer werdenden populistischen Worthülsen vernebeln unserer Ansicht nach den Blick auf die Sachlage: Seit 1997 wird in Deutschland (anders als z.B. in der Schweiz) auf die Erhebung der Vermögensteuer verzichtet - diese könnte aber pro Jahr zwischen 70 und 100 Milliarden zusätzlich einbringen. Bei der Erbschaftssteuer bekommen sehr große Erbschaften hohe Rabatte, die entsprechend die Steuern auf teilweise lächerliche Prozentsätze im einstelligen Bereich drücken, und die Verfolgung von Steuerdelikten (Beispiel Cum-Ex) ist (vorsichtig ausgedrückt) verbesserungswürdig.

Solange der Staat solche falschen Rücksichten nimmt und ohne Not auf mögliche Einnahmen verzichtet, kann man die geübte Kritik an Aufwendungen zum Erhalt unserer Lebensgrundlegen oder an der vom Verfassungsgericht geforderten Grundsicherung nur als Ablenken von den tatsächlichen Problemen und deren Lösungsmöglichkeiten bezeichnen. Die Kommunen selbst haben indes nur wenig Möglichkeiten, selbst Einnahmen zu erwirtschaften, weil viele Leistungen quasi zum Selbstkostenpreis erbracht werden müssen. Lediglich die Grundsteuer und die Gewerbesteuer sind „frei“ festsetzbar. Deswegen muss Druck auf Bund und Land ausgeübt werden, damit diese endlich die für die übertragenen Aufgaben nötigen Finanzmittel bereitstellen. Hier ist der Magistrat gefordert, dies gemeinsam mit anderen Kommunen anzugehen.

Diese geschilderte Misere betrifft die meisten Kommunen in Hessen und auch in anderen Bundesländern, wenn auch unterschiedlich stark. Aber wer darin ein hausgemachtes Eppsteiner Problem vermutet, tut der Verwaltung unrecht: Der Haushalt spiegelt die bestehenden Pflichtaufgaben und diejenigen darüber-hinausgehenden Leistungen wider, die auch von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen wurden. Davon kann die Verwaltung nicht eigenständig abweichen, sondern höchstens Vorschläge machen. Das hat sie in Vorbereitung des notwendigen Haushaltssicherungskonzepts inzwischen getan.

Dieses Haushaltssicherungskonzept – ein solches war schon in 2024 notwendig, um eine Genehmigung des Haushalts durch die Aufsicht zu erlangen – muss nun einen Fehlbetrag von rund 2,1 Millionen Euro kompensieren: Dazu müssen Einnahmensteigerungen und mögliche Ausgabenreduzierungen ins Visier genommen und auf ihre Umsetzbarkeit hin geprüft werden. Eine leichte Aufgabe wird das nicht. Die aktuelle Vorschlagsliste der Kämmerin stellt einen guten Ausgangspunkt dar und muss um weitere Maßnahmen mit einem Volumen von ca. 900 T Euro ergänzt werden.

Die Stadt muss sich auch eingestehen, dass wir die Chancen auf Einnahmen aus der Errichtung von Photovoltaik-Anlagen auf städtischen Liegenschaften bisher nicht ernsthaft angegangen sind oder sogar Windkraft auf Eppsteiner Gemarkung komplett abgelehnt haben. Das erweist sich nun als kurzsichtig und muss sich dringend ändern.

Es wurde im HFA auch bereits besprochen, dass zum Thema Haushaltskonsolidierung eine gemeinsame Arbeitsgruppe aller Fraktionen gebildet wird, in der ohne Denkverbote und auch über „heilige Kühe“ diskutiert werden soll. Es ist klar, dass dabei auch über freiwillige Leistungen der Stadt gesprochen werden muss. Und über jene Einrichtungen, die aufgrund der Historie in Eppstein auch fast 50 Jahre nach dem Zusammenschluss der vorher selbständigen Gemeinden noch bis zu 5-mal vorhanden sind.

Das geht nur gemeinsam mit den jeweiligen Experten und wir müssen vermeiden, hier Porzellan zu zerschlagen und „auf Teufel komm raus“ Dinge zu konsolidieren. Aber es gilt vor allem auch, gewappnet zu sein für die Diskussion mit der Aufsicht. Denn man kann sicher sein, dass von dort als erstes die Streichung von freiwilligen Leistungen und der Zusammenschluss von Funktionen (z.B. der Feuerwehren) gefordert wird. Aber manche Idee, die auf dem Rechenblatt gut aussieht, erweist sich dann als „Rohrkrepierer“, weil wesentliche Aspekte außer Acht gelassen wurden. Bereits in der Stadtverordnetenversammlung haben wir betont, dass zu diesen Themen mit den jeweiligen Bereichen und nicht über sie gesprochen werden muss.

Unsere Fraktion hat der Hebesatzsatzung und dem Haushalt mit den oben beschriebenen Nacharbeiten zugestimmt. Anders als in den Vorjahren beginnt die eigentliche Arbeit im Nachgang zu der Verabschiedung. Dabei sind wir zuversichtlich, mit allen Fraktionen konstruktiv zusammenarbeiten zu können.

Josef Retagne


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