Für Pit Gläser

Als Pit Gläser im Jahr 2004 sein Mandat als Stadtverordneter niederlegte, schrieb er dazu unter anderem in der Eppsteiner Zeitung:

"...Als 1983 der Ortsverband der Eppsteiner Grünen gegründet wurde, war ich von Anfang an dabei. Als dann zwei Jahre später die Eppsteiner Grünen auch im Stadtparlament das Laufen lernten, konnte ich zugegebenermaßen die "spontanen Weltverbesserungsthesen" der jugendlichen Stürmer nicht immer nachvollziehen. Sicher auch, weil ich mich altersmäßig mit ihnen nicht unter einem Dach befand. Doch inzwischen sind wir, die Eppsteiner Grünen, ein wichtiger Pfeiler der
Kommunalpolitik geworden. Auch die Arbeit zwischen den einzelnen Fraktionen im Parlament empfand ich -- mit Ausnahme weniger Ausrutscher - sachlich und konstruktiv. Kurzum: Für mich war es eine positive Erfahrung und eine wichtige Zeit. Daher fiel mir der Entschluss, jetzt mein Mandat als Stadtverordneter niederzulegen, nicht leicht.
Doch mit vierundsiebzig Jahren will ich nun Abschied nehmen. Abschied vom Stadtparlament, jedoch keinesfalls von den Grünen, Rückzug aus dem öffentlichen in den privaten Raum, das Leben "entschleunigen". Nicht mehr Muss sondern Muße.
Hans Magnus Enzensberger hat in einem Essay geschrieben, der wahre Luxus bestehe heute nicht mehr im Besitz von teuren Gegenständen, wie schnellen Autos und Rolex-Uhren. Dinge die man an jeder Ecke kaufen kann. Luxus sei vielmehr, über die eigene Zeit verfügen zu können.
Vielleicht gelingt es mir... "

"Über die eigene Zeit verfügen können" bedeutete in den folgenden Jahren für Pit, sich weiter einzumischen, weiter zu unterstützen, weiter einfach für andere da zu sein.

Als Stadtverordneter und auch in Zeiten ohne Mandat war er für Bündnis90/Die Grünen ein wichtiger Gesprächspartner und Anreger. Ich kenne nur wenige Menschen, die so umsichtig und veranwortungs- und respektvoll mit Menschen, Situationen und Sachen umgehen wie Pit Gläser das tat.

Ich habe die Nachricht von Pits Tod im Urlaub in Dresden erhalten. Das war schwierig, weil niemand zum Teilen von Schmerz und Trauer da war.
Jedoch -- Urlaub bedeutet auch "über die eigene Zeit verfügen zu können", nicht den vermeintlichen oder tatsächlichen Zwängen des Alltags unterworfen zu sein. Mithin die Möglichkeit, der Trauer Raum zu geben.
Wenn ich wanderte, in der Sonne saß, Dampfer fuhr, immer wieder kam Pit mir in den Sinn und mit ihm viele gute Erinnerungen. Er war mit mir unterwegs in der Stadt, in der seine Mutter vor 65 Jahren mit ihm und seinem Bruder auf der Flucht kurz Halt gemacht hat.

"Sein Andenken in Ehren halten" sind nach dem Tod eines uns wichtigen Menschen oft gebrauchte Worte. Ich wünsche mir für Pit Gläser, dass wir in Eppstein die Lücke, die entstanden ist, mit all dem ausfüllen, was Pit in seiner ganz eigenen Art ausgemacht hat und er so in unserer Erinnerung lebendig bleibt.

Gabriele Menzendorf
Vorsitzende Bündnis90/Die Grünen, Eppstein

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